Donnerstag, 8. Februar 2007
10.01.2007: Mein erster “richtiger“ Schultag
Heute ist also mein erster “normaler“ Schultag. Obwohl ich als letzter von uns dreien hier angekommen bin, darf ich als erster ins kalte Wasser springen. Um 8:10 Uhr habe ich Englisch. Und weil ich als einziger den A-Kurs belege, muss ich dort auch alleine aufkreuzen. Trotzdem gehen wir drei wieder zusammen zum Frühstück und ich werde mit einem etwas hämischen “Viel Spaß bei Englisch“ verabschiedet. Leider habe ich keine Ahnung, wo ich hin muss und wo sich überhaupt hier im Schulgebäude die anderen Klassenzimmer befinden. Also gehe ich erst einmal zur Reception. Von dort werde ich dann in eines der Lehrerzimmer im anderen Gebäudebereich weitergeschickt. Die Englischlehrerin ist Anita. Also die Lehrerin, mit der ich in Deutschland schon eMail-Kontakt hatte. Ich finde sie im selben Zimmer, in dem ich gestern mit der anderen Lehrerin meinen Stundenplan besprochen habe. Anita begrüßt mich sehr freundlich und spricht als erstes etwas Deutsch mit mir. Sie spricht gutes Deutsch und ich erfahre, dass sie einige Jahre in Deutschland verbracht hat. Ich soll mich in ca. 5 Minuten in Raum 13 aufhalten. Das ist in dem Gang, der vom Lehrerbereich des Hauses abzweigt. Ich mache mich auf den Weg. Ich werde mich erst einmal schön im Hintergrund halten und die Lage überschauen. Als ich die Tür mit der 13 öffne entgleitet mir jedoch ein verwundert-erschrockenes “Oh je!“

Sal 13: Das ist aber ein kleines Klassenzimmer!

Das mit dem still zurückhalten wird wohl nichts. Während ich noch Fotos von dem seltsamen Klassenzimmer mache, kommt Anita den Gang herunter. Sie grüßt mich und biegt in den gegenüberliegenden Raum ein. Hä? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Bei näherer Betrachtung der gegenüberliegenden Tür entdecke ich auch dort eine 13. Und dahinter befindet sich ein normales Klassenzimmer. Da habe ich mir ja mal wieder etwas unnötig Stress gemacht.

Da ist ja noch eine 13!

Ich gehe in das Zimmer, laufe grüßend an drei Mädchen im Teenageralter vorbei und setze mich an die der Tafel zugewandte Tischreihe des U`s. Da hätten wir ja auch in den Raum gegenüber gehen können. Als wir eine kleine Vorstellungsrunde machen und Anita die Mädchen, die alle in Kalix wohnen, fragt, wie es ist, in Kalix zu leben, ist die eindeutige Meinung, dass es beschissen ist. Vor allem eines der Mädchen, das vor sechs oder sieben Jahren mit ihrer Familie aus Stockholm hierher gezogen ist, scheint Kalix ziemlich zu verachten. Mir dagegen gefällt es hier soweit ganz gut. Kurz darauf kommt doch noch ein weiterer Junge dazu. Er wohnt auch nicht im Internat, sondern kommt irgendwo vom Land außerhalb. Und auf mich macht er auch einen solchen Eindruck. Ich kann überhaupt nichts mit ihm anfangen. Ich verstehe zudem kein Wort, weil er entweder nuschelt oder einen ziemlichen Dialekt spricht. Als Aufgabe müssen wir Fragen zu einer Weihnachtsgeschichte beantworten. Na da bin ich mal gespannt. Nach einigen Sätzen merke ich verblüfft, dass ich außer ein paar kleinen Vokabeln alles verstehe. Das ist überhaupt kein Problem. Und im Gegensatz zu manch anderem hier in der Klasse, habe ich kaum Probleme die Fragen auch mündlich zu beantworten. Ich bin von mir selber begeistert und habe am Ende der Stunde das Fazit geschlossen, dass es doch etwas anderes ist, wenn man wissenschaftliche Texte auf Englisch verstehen soll, als wenn man Fragen zu einer Weihnachtsgeschichte auf Englisch beantworten soll. Anita ist zu dem selben Ergebnis gekommen und ab jetzt sitze ich also nur noch im Englisch-B-Kurs. Äußerst beruhigt und zufrieden mit meinen Englischkenntnissen warte ich also auf den Beginn der nächsten Stunde.
Samhällskunskap (Gemeinschaftskunde) steht auf dem Programm. Diesmal sind auch Boris und Svetlana dabei. Auch hier herrscht eine ähnliche Teilnehmeranzahl vor. 6 Schüler, 3 Auslandsstudenten. Die erste Frage des Lehrers lautet: “Geht es Schweden gut?“ Es sagt jedoch niemand etwas. Stattdessen kann ich lauter unbegeisterte Schülergesichter erblicken. Eine Person steht auf, geht zum Lehrerpult, auf dem ein Spitzer mit Kurbel steht, spitzt laut knatternd seinen Bleistift und setzt sich wieder an seinen Platz. Es gibt immer noch keiner eine Antwort. Irgendwann gibt sich der Lehrer, er heißt Peter, seine Antworten selber. Im Laufe der Stunde erklärt er, was Inflation ist. Als Beispiel dient ihm hierbei eine Waschmaschinenfirma. Vom Inhalt ist das gar nicht mal so schlecht, aber Peter ist ein Lehrer, wie ihn jeder einmal hatte und der von seiner Art nicht gerade auf Begeisterung stößt. Sein Aussehen macht das Übrige. Er ist recht groß, blond mit Brille und wirkt recht schlaksig. Dabei hat er aber irgendwie ein volles Gesicht. Er trägt ein etwas unglückliches Hemd und hat eine ungewöhnliche laute, aber doch hohe oder irgendwie brüchige Stimme. Jeder kennt einen solchen Lehrer wie gesagt aus seinem eigenen Schulleben. Und während ich mich darüber königlich freue, dass ich so etwas noch mal erleben darf, stöhnen die Schweden um mich herum nur. Ignoranten! Die wissen das einfach nicht zu schätzen.
Auch im anderen Englisch-Kurs sitzen nicht viel mehr Personen. Neben den 5 Schweden, Svetlana und mir, sitzt auch eine junge Türkin im Kurs. Bei der anfänglichen Vorstellrunde wird auch klar, was eine Türkin nach Nordschweden treibt. Gulcen arbeitet in der Türkei im Hotelgewerbe und hat anscheinend häufig dort mit Schweden zu tun und lernt hier jetzt 2 Monate Schwedisch. Außer Englisch kann sie noch Deutsch, Arabisch, etwas Russisch und natürlich Türkisch. Außer Gulcen ist auch noch Anna eine neue Person, die auffällt. Anna hat 5 Kinder, alles Jungs. Der älteste ist 14, der jüngste 2 Jahre alt. Nach dem, was ich bisher über die Folkhögskola weiss, ist sie ein gutes Beispiel für eine Schülerin der Allmän Linje. Sie hat gearbeitet, 5 Kinder bekommen und muss nun irgendetwas nachholen, was sie in ihrer Schulzeit nicht gebraucht hat. Über ihre Kinder kommen wir in ein Gespräch über die Unterstützungen, die Familien und Mütter in Schweden, im Vergleich zu anderen Ländern, erhalten. Was sich hier definitiv als besser herausstellt ist, dass in Schweden jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt und die Kindergarten solche Öffnungszeiten haben, dass die Mütter oder Väter auch wirklich die Möglichkeit haben in dieser Zeit arbeiten zu gehen. Neben der Tatsache, dass Anna viele interessante Geschichten erzählen kann, scheint sie auch noch ein sehr netter und fröhlicher Mensch zu sein. Und sie ist eine der wenigen, die wirklich engagiert erscheint. Vielleicht macht das das Alter und die Erfahrung.
Auch heute gibt es ein gutes Mittagessen. Wie sich herausstellt war ich nämlich auf einen "falschen Freund" hereingefallen: "middag" ist Abendessen und "lunch" ist Mittagessen. Also gibt es jeden Tag Mittagessen und am Dienstag zusätzlich Abendessen. Nach dem Mittagessen haben wir dann nachmittags noch zwei Stunden Livsåskådning, was eine Mischung aus Religionsunterricht und Ethik ist. Der Lehrer ist ein netter, schelmischer Kerl mit funkelnden Augen. Und auch er kann etwas Deutsch, weil er es vor vielen Jahren einmal gelernt hat. Als ich mich nach der Geschichte der alten Kirche in Kalix informiere, die ich schon öfter im Internet bemerkt habe, erklärt er mir, dass die alte Kirche ursprünglich sogar noch aus der katholischen Zeit stamme, aber “dann kam Luther und hat uns befreit!“ Als ich dies und vor allem die Art, mit der er es sagt vernehme, spüre ich, wie meine Zunge zuckt. Bevor ich jedoch sagen kann “aber jetzt bin ich ja da und hole euch wieder zurück!“ setzt mein Schluckreflex ein und die Zunge liegt wieder ruhig zwischen meinen Kiefern. Auch in dieser Unterrichtsstunde fällt mir eine neue Person auf: Stefan. Stefan ist ein Schwede, wie ich ihn mir vorgestellt habe: blond, einigermaßen kräftig und er trägt nur ein T-Shirt. Wogegen ich teilweise lieber mit meiner Snowboardjacke im Klassenzimmer sitze. Ich studiere zwar Geschichte, jedoch habe ich ein miserables Zahlengedächtnis. Umso befreiender ist es für mich, als der Lehrer mit den Daten der schwedischen Königsgeschichte durcheinander gerät und nicht mehr weis, wann wer König oder Königin wurde. Sehr schön. Mehr davon! Jedoch dauert es nicht lange und ich gerate selber in eine knifflige Situation. Das heutige Thema lautet Ethik und Moral und dabei fällt der Name Robin Hood. Auf einmal dreht sich der Lehrer um und fragt mich, ob wir in Deutschland nicht auch einen Robin Hood gehabt hätten. Was? Ich will nichts gefragt werden! Schon gar nicht über Deutschland. Der schaut so, als ob es natürlich einen deutschen “Robin Hood“ gab und ich mir gleich, wenn ich den Namen gehört habe an den Kopf greife und denke “Hach, so was musst du doch wissen, das ist wichtigstes Allgemeinwissen. Jetzt denken die, was ist das denn für ein Deutscher, dass er das nicht einmal weiss!“. Aber... nein. Ich habe keine Ahnung, wovon der Redet. “Aber hattet ihr nicht Wilhelm Tell?“ Häh? Jetzt bin ich total verwirrt. Was hat den Wilhelm Tell mit Robin Hood zu tun? Das einzige, was ich weiss ist, das Wilhelm Tell hat ausrichten lassen “er kann mich im Arsch lecken“. Wobei wichtig ist, das er “im“ gesagt hat. “Aber hat Wilhelm Tell nicht auch sich gegen seinen Herren aufgelehnt und die Sache mit dem Apfel?“ Also der Lehrer macht keinen tellsicheren Eindruck. Ich versuche möglichst schnell nachzudenken. Ich habe das Ding doch gelesen. Allerdings ist das wohl ca. zehn Jahre her. Ja, da war was mit Auflehnung, aber wenn Wilhelm Tell wirklich Deutscher gewesen wäre, dann wüsste ich das. So richtig kann man das, was ich gerade mache, auch nicht denken nennen. Es handelt sich eher um ein sich winden mit einem Gefühl, dass der Lehrer nicht recht hat, er mich aber doch einfach nur in Ruhe lassen soll. Also behalte ich meinen verkrampft, zweifelnden Gesichtsausdruck und sage “Aber Wilhelm Tell war kein Deutscher!“ “Was dann?“ “Ich glaube Schweitzer“. Ich höre etwas erstaunt über meine Worte, da ich überhaupt nichts gedacht habe. Einfach nur gesprochen ohne zu denken. Der Lehrer nimmt mir die Antwort jedoch nicht ganz ab. Um die Sache zu beenden, verspreche ich ihm, dass ich mich zur nächsten Stunde informieren werde. Die restliche Zeit hoffe ich, dass ich mich auf meinen Kurzschlussinstinkt verlassen kann.
Am Nachmittag mache ich mich einfach einmal alleine auf den Weg und durchstöbere das Schulgebäude. In die Turnhalle habe ich bereits heute Nachmittag einen Blick geworfen. Es ist eine kleine, etwas alte Sporthalle. Die Kletterwand hinten in der Ecke macht nicht den Eindruck, als ob sie häufig benutzt würde. Jetzt folge ich einfach den Schildern im Treppenhaus. Besonders interessiert mich die Sauna. Und auch ein “Andaktsrum“ ist ausgeschildert. Vielleicht gibt es ja einen besinnlichen Raum, in den ich mal zurückziehen kann, wenn mir danach ist. Im allgemeinen bin ich von kleinen privaten Kapellen immer recht begeistert. Ich folge der Beschilderung in den Keller und finde auch eine Art kleine Kapelle. Jedoch scheint diese schon lange nicht mehr benutz worden zu sein.

Andaktsrum

Und auch der Zugang zu dem entsprechenden Raum macht nicht gerade einen andachtswürdigen Eindruck.

Zugang Andaktsrum

OK. Also großartig religiös kann diese Schule hier nicht sein. Dann versuche ich es einmal mit der Sauna. Die soll sich ebenfalls hier im Keller befinden. Und tatsächlich stehe ich bald vor der entsprechenden Tür. Dahinter befindet sich ein Raum mit Tisch und Stühlen. Sieht recht entspannend aus. Links neben dem Raum ist ein Gang mit Holzwänden und einer Tür. Als ich die Tür offne, kommt mir ziemlich warme Luft entgegen und ich blicke in einen Raum mit gekachelten Fußboden und zwei Holzbänken. Das ist also die Sauna. Nicht supergemütlich, aber sie funktioniert und kostet kein Geld. Zwischen Sauna und dem Raum mit den Stühlen gibt es einen großen Duschraum. Auch der ist nicht gerade gemütlich, aber zweckmäßig. Von der Idee, nach der Sauna in den Schnee oder in einen warmen Badezuber im Freien springen zu können, kann ich mich also verabschieden. Aber vielleicht macht es ja trotzdem Spaß. Erst einmal gehe meinem neuen Hobby nach, das darin besteht, das Licht aus zu machen. Die Schweden lassen nämlich überall das Licht brennen. Zum ersten Mal habe ich das in unserem Hausflur bemerkt. Hier brennt abends das Licht, wenn ich ins Bett gehe, und morgens, wenn ich aufstehe. Und es brennt den ganzen Tag über. Auch in den Stunden, in denen es hell ist und eh kein Mensch im Haus ist. Bestätigt hat mir meine Theorie der Umweltjournalist gestern. Dieser hat den schwedischen Stromverbrauch als eines der größten Umweltprobleme Schwedens angeführt. Ich verstehe, dass die Schweden bei dieser ganzen Dunkelheit Licht lieben und es war auch schön, dass an meinem Ankunftstag alle Häuser erleuchtet waren und man das von der Straße aus sehen konnte, aber die Räume hier unten machen den Eindruck, als ob sie seit Tagen beleuchtet werden ohne das sich ein Mensch darin befindet. Beim weiteren durchsuchen des Kellers finde ich nahe der Sauna auch noch einen Fitnessraum mit allerlei Geräten. Das ist ja super. Wenn ich also wirklich einmal Lust auf Fitnessstudio bekomme, dann gehe ich hier hin und muss mich nicht teuer in das Ding der Sport City begeben. Außerdem befinden sich hier unten noch viele Räume, die anscheinend zur Film- und TV-Linie gehören. Jedenfalls lassen das ihre Beschilderungen vermuten. Dann habe ich erst einmal keine Lust mehr. Ich scheine hier eh irgendwie gerade der einzige Mensch im Haus zu sein. Nachdem ich noch ein paar Lichter ausgemacht habe, finde ich oben noch eine kleine, aber feine Bibliothek. Jetzt reicht es aber wirklich. Ich gehe jetzt lieber einmal den größeren Einkaufsladen suchen und etwas einkaufen. Ich hätte eigentlich große Lust heute Abend ein Bier zu trinken. Also verlasse ich das Schulgebäude und laufe den Weg zurück, über den ich am Mo. hergekommen bin. Als ich zur großen Straße komme, auf deren anderen Seite sich der Einkaufsladen befindet, steht gerade ein Reisebus dort und viele junge Leute holen ihre Taschen heraus. Das sind vielleicht die von der TV-Linie? Die sollte heute im Laufe des Tages eintreffen. Der ICA ist ein recht großer Einkaufsladen. Hier werde ich keine Probleme haben, mich in den nächsten Monaten mit den wichtigsten Dingen zu versorgen. Das Einzige, was nicht so toll ist, ist die Sache mit dem Bier. Schließlich finde ich eine 0,5 l Dose, die anscheinend im Angebot ist und nur 9 Kronen kostet. Das ist gar nicht so viel, wie ich gedacht habe. Ich muss mir einfach nur vorstellen, dass ich mein Bier nur noch beim Inhaber A kaufen könnte. Da ist der umgerechnete 1 € richtig günstig. Außerdem sieht die Dose nett aus, das Bier verfügt wenigstens über 3,5 % Alkohol und eine super Werbung hat es auch. Jedenfalls für mich als Deutschen.

Das Leben ist voll von blauen Stunden.

“Das Leben ist voll von blauen Stunden“. Ich gehe also mit meiner Dose Bier an die Kasse. Außerdem kaufe ich noch ein Paket Wischlappen zum spülen und Tisch abwischen und eine Flasche Mineralwasser. Ich stelle die Dose auf das Band und versuche mich bereits auf das Zahlen einzustellen. Welche Münze und welcher Schein ist hier wie viel wert? “Legitimation!“ Wie bitte? Ich bin etwas irritiert. “Legitimation!“ Ahh... das Mädchen an der Kasse will bestimmt meinen Ausweiß sehen. Ich gebe ihn ihr und sie tippt irgendwas in ein Gerät ein. Das verstehe ich jetzt nicht. Ich habe doch gar keine Personennummer. Was hat die denn da jetzt eingetippt? Ich gehe aus dem Laden und fang an mich an den Ablauf in den Alkoholläden während meiner Exkursion zu erinnern. Jetzt ärgere ich mich ein bisschen, dass ich so überfordert und unwissend rübergekommen bin. Andererseits finde ich es aber auch witzig, dass hier bei mir, und ich sehe ja wirklich nicht mehr aus wie vierzehn, bei einer Dose 3,5% Bier so viel Aufstand gemacht werden muss. Die sind schon komisch, die Schweden.
Als ich wieder zu Hause bin, fragt mich Svetlana, ob ich mit in die Bibliothek komme, um unsere Englischhausaufgaben zu machen. Da es in der Bibliothek wohl heller sein wird, als in meinem Zimmer und es vielleicht auch nicht schlecht ist, wenn ich Hausaufgaben mache, gehe ich mit. Das Bier muss dann halt noch etwas warten.

Bibliothek

Nachdem wir eine Weile in der Bibliothek sitzen und unsere Hausaufgaben machen, hören wir laute Geräusche, die sich sehr nach Sport in der Sporthalle anhören. Wenig später kommen zwei Mädchen zu uns in die Bibliothek und fragen, ob wir mit Volleyball spielen wollen. Es fällt zwar schwer, aber ich beschließe, erst einmal die Hausaufgaben fertig zu machen. Dies dauert jedoch nicht sehr lange und danach mache mich auf, um meine Sportschuhe und Sportklamotten zu holen. Als ich die Sportschuhe aus der Tüte hole, merke ich, dass ich damit zuletzt um den Decksteiner Weiher gejoggt bin. Und so sehen sie auch aus. Also stehe ich erst einmal in meinem Bad und versuche mit Wasser, Händen und Taschenmesser meine Schuhe einigermaßen sauber zu bekommen. Ich erinnere mich, dass die zuletzt in der Halle beim Unisport ziemlich gerutscht sind. Ich hoffe jedoch, dass das mehr am Hallenboden, als an den Schuhen lag. Als ich zur Halle komme, muss ich feststellen, dass Fußball gespielt wird. Die zwei hatten doch von Volleyball gesprochen. Ich kann sie jedoch auch nirgends entdecken. Vielleicht wurden sie von den Fussballern vertrieben? Na gut. Ich glaube zwar nicht, dass ich über irgendwelche Kondition verfüge, aber was solls. Solange ich noch draußen stehe und zuschaue, fällt mir auf, dass alle Jungs, die hier mitspielen, irgendwie jünger und sportlicher aussehen, als ich. Außerdem sind die meisten technisch ziemlich gut, was diverse Jonglageeinlagen zeigen. Mit dem einzigen Mädchen, das mitspielt ist leider auch nicht zu spaßen, was mir eine von ihr erfolgreich durchgeführte Blutgrätsche verdeutlicht. Als ich dann eingewechselt werde, sind das jedoch alles meine kleinsten Probleme. Meine Sportschuhe rutschen nicht nur auf dem Hallenboden, sie schliddern. Ich brauche ungefähr 2-3 Meter Bremsweg und habe bei jeder schnelleren Bewegung oder Richtungswechsel das Problem, dass es mich manchmal fast und manchmal auch nicht fast auf den Hallenboden schlägt. Daher bin ich sehr froh, dass wir nach relativ kurzer Zeit zum Volleyball übergehen. Hier sind dann auf einmal auch die zwei Mädels mit dabei, die vorher in die Bibliothek gekommen sind. Das Problem, wenn man auf Eis Volleyball spielt, ist folgendes. Der Ball kommt angeflogen und man sieht, dass er ca. ein Meter rechts von einem aufkommen wird. Also macht man einen Satz auf die rechte Seite. Da man jedoch auf dem Eis steht, bewegt man sich nicht nach rechts, sondern die Beine rutschen einem nach links Weg. Um den Ball dennoch zu erreichen streckt man sich lang. Meist erreicht man ihn nicht so, dass ein vernünftiges Weiterspielen möglich ist. Dafür schlägt man äußerst unsanft mit dem Knie oder gleich mit der ganzen Körperseite auf dem Boden auf. Dies sieht zwar lustig aus, wie man sich von seinen Mitspielern bestätigen lassen kann, macht aber keinen Spaß. Daher gehe ich am Ende ziemlich deprimiert und mit schmerzenden Knien aus Halle. Auf dem Weg überlege ich mir, dass ich mir auf jeden Fall richtige Hallensportschuhe kaufen muss. Anders hat das gar keinen Sinn. Warum habe ich nur gedacht, dass die Schuhe vielleicht funktionieren könnten? Da hätte ich mir lieber noch irgendwelche billigen Sportschuhe in Deutschland gekauft. Wer weiss, wie viel die hier kosten? Als ich nach draußen gehe, bessert sich meine Laune jedoch schlagartig. Es hat geschneit und alles ist von ca. 3 cm lockerem Pulverschnee bedeckt. Auf dem Heimweg spiele ich mir mit Mattias, der auch beim Fuß- und Volleyball mitgespielt hat, den Ball ein wenig über den Pulverschnee hin und her. Das ist eine richtig coole Sache. Bevor er zu sich abbiegt, teilt er mir mit, dass Boris, Svetlana und ich nachher noch bei ihm vorbeikommen sollen. Aber erst einmal brauche ich eine Dusche. Nachdem ich mir eine erholsame Dusche gegönnt habe, setzte ich mich an den Tisch und genehmige mir als Belohnung für diesen ereignisreichen Tag mein Bier. Leider macht es seinem Namen keine Ehre. Es macht nicht im Entferntesten blau und schmeckt eher, wie blaues Wasser. Etwas später gehen wir dann noch zu Mattias. Unsere Handykarten sind angekommen. Das lief ja wie am Schnürchen. Wir setzen uns in seine Küche und unterhalten uns eine Weile. Um 23:30 Uhr gehen wir dann mal nach Hause. Beim Gedanken daran, dass ich morgen um 8:10 Uhr Englisch habe, beginne ich etwas zu leiden. Eigentlich ist das ja nichts für mich. Ich bin das ja gar nicht gewöhnt.