Samstag, 13. Januar 2007
07.01.2007: von Köln in den Liegewagen
Am Nachmittag sitze ich mit einem ca. 20 kg schweren Rucksack und einer ca. 10 kg schweren Sporttasche in der Linie 9 Richtung Deutz und denke mir, ob es nicht vielleicht doch ein Fehler war, nach dem Frozen BBQ mich noch bis um 4 Uhr im Irish Pub aufzuhalten. Der ganze Schweiß muss ja irgendeinen Grund haben. Nachdem bis Deutz alles gut gegangen ist und ich an der KVB für die nächsten fünf Monate nicht mehr zweifeln muss, frage ich mich, wie es wohl heute mit der Deutschen Bahn aussieht. Aber auch hier funktioniert alles glatt. Das entsprechende Terminal ist nach ca. 20 Minuten Marsch erreicht. Der Schweiß erreicht mittlerweile die ersten Regionen des Sweat-Shirts. Aber durch die Winterjacke mit Innenweste ist es noch ein weiter Weg. Zu meiner großen Freude kann ich nach freundlicher Anfrage auch das zu schwere Handgepäck ohne Aufpreis mit ins Flugzeug nehmen. Aber irgendwie ist mir doch etwas mulmig. Schnell ist der Grund hierfür erkannt. Ich habe den ganzen Tag eigentlich so gut wie nichts gegessen. Also wird meine letzte Mahlzeit in Deutschland ein schönes Menü bei Burger King, welcher sich geschickt plaziert gegenüber des Check-In-Bereiches befindet. Das Flugzeug startet pünktlich um 17:30 Uhr, was nach den letzten drei Flugerfahrungen in Richtung südlicher Gefilde ja nicht unbedingt zu erwarten war. Und während es im Flugzeug nach Pizza riecht, macht sich der Vorteil der letzten Nacht bemerkbar... Ich wache auf, als wir mit dem Anflug auf Stockholm-Arlanda beginnen.
In Stockholm gelandet begebe ich mich als erstes zu einem Bankautomat, damit ich wenigstens einige schwedische Kronen bei mir trage. Das Zweite, was ich von Schweden mitbekomme, ist die Flughafentoilette. Naja.. nicht so berauschend. Dafür machen die drei schwedischen jungen Damen, die mir auf dem Weg zum Gepäckband entgegenkommen, einen angenehmeren Eindruck. Das Gepäckband macht dafür erstmal gar nichts, nachdem sich ein Rucksack mit einem Tragegurt in besagtem Band verfangen hat. Während ein Fluggast den Rucksack befreit und ein Flughafenangestellter im unteren Bereich des Gepäckbandes verschwindet, um die sich angestauten Koffer per Hand hervorzuholen, bemerke ich, dass ich für nur 199 Kronen nach Deutschland fliegen kann. Da möchte ich eigentlich jetzt aber erstmal nicht mehr hin. Ich bleibe jetzt erstmal in Schweden und die ersten, die mich freundlich dort begrüßen, sind König Carl Gustaf und Königin Silvia.

Stockholm Arlanda: König Carl Gustaf und Königin Silvia

Mit Rucksack und Sporttasche begebe ich mich auf die Suche nach der Zuganbindung, die mich nach Uppsala bringen soll. Ausgeschildert ist sowohl der Bereich für den Schnellzug nach Stockholm, als auch der Bahnhof, an dem alle anderen Züge abfahren. Als ich jedoch vor der Sky City stehe und das entsprechende Schild verloren habe, bin ich etwas ratlos. Fragen kann man leider niemanden, weil sich am Sonntag um 20:00 Uhr auf dem Flughafen Stockholm-Arlanda anscheinend so gut wie keine Menschen befinden. Die Folge davon ist, dass ich dann doch mal nach rechts abbiege und mich einige Meter weiter unter der Erde auf dem Bahnsteig für den Express nach Stockholm wiederfinde. Mist! Aber wenigstens gibt es da Menschen. Und nachdem ich nach ein paar Minuten eingesehen habe, dass es nichts bringt einen Schaukasten zu studieren, in dem nichts ausgehängt ist, wende ich mich an eine Gruppe junger Leute. Da mir das schwedische Wort für die richtige Anrede jedoch nicht einfällt, ist mein erstes schwedisches Wort, das ich in Schweden zu einem Schweden sage, "Sorry". Aber wenigstens schaffe ich es, eine schwedische Frage dranzuhängen und frage, ob hier denn auch der Zug nach Uppsala abfährt. Jedenfalls denke ich, das ich das frage. Nein, hier fährt nur der Express nach Stockholm ab. Das habe ich ja bereits gewusst, aber wenigstens habe ich auf Schwedisch klar machen können, was ich will und habe auch die schwedische Antwort verstanden. Die Erklärung, wo denn jetzt genau der Zug nach Uppsala abfährt, verstehe ich dafür nicht ganz so gut. Was mir nicht soviel ausmacht, weil das erklärende Mädchen sich selber nicht sicher ist, wo sie mich eigentlich hinschicken muss. Also geht es in die gezeigte Richtung und die Rolltreppen wieder rauf... und ich stehe wieder da, wo ich ganz am Anfang stand.

Stockholm Arlanda: Weg zur Sky City

Da der Schweiß mittlerweile die Winterjacke erreicht, nehme ich mir einen Gepäckwagen und lege zumindest mal die Sporttasche ab. Wer weiß, wie lange das hier noch dauert? Andererseits habe ich versäumt mich über die weitgehendere Zugverbindung nach Uppsala zu informieren und der anfangs rausgesuchte Zug ist mir mit 7 Minuten Umsteigezeit dann doch zu knapp. Also los! Erstmal wieder in Richtung Sky City. Diesmal lasse ich mich von den Schildern nicht verunsichern und laufe einfach mal stur dem Schild Sky City hinterher und in die Sky City hinein. Und siehe da... am Ende der Sky City treffe ich auf den Eingang zum Bahnhof. Ich kaufe mir für 85 Kronen eine Fahrkarte nach Uppsala, die wie ein Parkhausticket aussieht. Spontan kommt mir die Idee, dass ich die Karte vielleicht ja noch irgendwo reinstecken muss. Tief unter der Erde frage ich mich dann wieder, warum ich hier denn der einzige bin. Aber nein, da hinten scheinen noch ein paar Menschen zu sein. Am anderen Ende angekommen finde ich erneut leere Schaukästen und einen kleinen Kasten mit einer digitalen Anzeige vor. Ich werde daran erinnert, nicht zu vergessen meinen Fahrschein zu lösen. Also muss ich die Karte doch noch irgendwie lösen. In den folgenden ca. sieben Minuten begleitet mich die Hoffnung, dass man die Karte doch bitte im Zug an irgendeinem Einzugsgerät lösen kann und ich nicht wegen so einem Mist erst den darauffolgenden Zug nehmen kann.

Warten auf den Zug nach Uppsala

Aber als der Zug nach Uppsala ankommt und ich die an der Tür stehende Chaffnerin gerade fragen will, sehe ich das Ding auch schon. Überaus erleichter stehe ich somit im Zug und stecke meine Fahrkarte in den Einzug. Äng!.. Äng!..! Es blinkt mir ein rotes Licht entgegen und macht ein unfreundliches Geräusch. Was ist denn das jetzt bitte? Ich schau genauer auf den kleinen Kasten und betrachte das Beispielbild. Aha.. andersherum. Beim erneuten Versuch piept mir ein freundliches grünes Licht entgegen. So langsam wird die Sache anstrengend und ich setze mich müde auf einen Platz und schaue aus dem Fenster. Schweden ist schwarz mit ein paar gelben Punkten. Aber eigentlich dann doch fast nur schwarz. Somit schaue ich zwanzig Minuten zwischen dem schwarzen Schweden und dem recht gemütlichen Zugabteil, in dem ich fast alleine sitze, hin und her.
Als ich in Uppsala aussteige, werde ich von kaltem Nieselregen und einer großen, dunklen Baustelle zu meiner linken begrüßt. Weiter vorne sehe ich noch zwei Bahnsteige, die überdacht sind. Während ich über Baustellenholzplanken der kleinen Menge hinterhertrotte, fang ich an zu zweifeln: Kann es sein, dass Uppsala so klein ist, dass es kein Bahnhofsgebäude gibt? Nein, das kann eigentlich nicht sein. Oder wurde das Bahnhofgebäude vielleicht abgerissen und nun gibt es hier nur diese matschige Baustelle? Wäre ich vielleicht doch besser noch eine Stunde in Arlanda geblieben? Nach ein paar Metern voller Fragen taucht hinter der Baustelle ein Gebäude auf. Also! Hab doch gewusst, dass das alles so nicht sein kann! Durch die Fenster sehe ich eine Art Bahnhofskneipe mit auf die Tische gestellten Stühlen. Eindeutig geschlossen! Zum Glück taucht dahinter dann doch noch eine kleine Wartehalle mit einem Bahnhofskiosk auf. Somit setze ich mich dort erstmal auf eine Bank und schau mich ein wenig um. Es ist recht viel Betrieb. Immer wieder setzen sich Menschen mit Koffern und Taschen auf die Bänke, die mir gegenüber stehen. Mein erster Eindruck ist, dass es sich bei den Erwachsenen um ziemlich normale Menschen handelt. Mit der Einschränkung, dass ich mit den Männern nicht trinken müssen will. In der kleinen Halle sind auch sehr viele junge Leute, die anscheinend wieder nach Hause fahren. Da aber Sonntag ist und am nächsten Tag wohl wieder die Uni anfängt, fahren sie wohl eher wieder in die Schule oder zum Studium. Vielleicht nach Stockholm? Das sind also schwedische Studenten. Die Mädchen sind ja alle schon recht hübsch. Jedoch merke ich im Laufe der zwei Stunden Wartezeit, dass man sich auch hier, wie bei so vielem anderen, nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen sollte und es eines zweiten Blickes bedarf. Was mir positiv an den Jugendlichen hier auffällt ist, dass die meisten irgendwie stylisch wirken. Jedoch nicht möchtegern und aufgesetzt, sondern immer mit einer persönlichen Note. Ein wenig fühle ich mich ans Roskilde Festival erinnert. Aus ihren Gesprächen bekomme ich leider keinerlei Information, wohin die Reisen gehen, da ich kein Wort verstehe. Welche Sprache sprechen die hier? Und eigentlich ist das hier gar nicht so groß. Und wenn Uppsala schon so einen kleinen Bahnhof hat, wie klein ist dann wohl alles in Kalix? Aber in Kalix gibt es ja zum Glück gar keinen Bahnhof! Und irgendwie ist hier alles recht feucht und klamm. Nein,... das bin ich selber. Vorsichtig versuche ich herauszufinden, welche Geruchsbildung ich denn so von mir gebe. Ich habe meinen grünen In Flames Pulli an. Dieser ist ziemlich dick. Und ziemlich nass. Hoffentlich wird das für die anderen Fahrgäste im Liegewagen nicht zu unangenehm mit mir? Während ich also darüber nachdenke, wie denn wohl die nächsten zwei Stunden und die weitere Reise verlaufen werden, komme ich zu dem Entschluss, dass ich etwas Essen sollte. Also schleppe ich mich mit meinem ganzen Gepäck in den Bahnhofskiosk. Als Abendessen besorge ich mir ein Kanelbulle, den man sich in einem Regal selber aussuchen kann und dann in einer Bäckertüte verpackt, und eine Cola. Fürs Frühstück im Zug nehme ich mir noch ein Wasser. Ich bin mir zwar nicht mehr sicher, wie man Kronen in Euro umrechnet, aber hier ist es gerade sowieso egal. Der jungen Dame an der Kasse übergebe ich brav die Cola und das Wasser, damit sie diese einscannen kann. Dann schaut sie auf meine Tüte. Sie kann ja wahrscheinlich nicht durch die Tüte hindurch sehen, dass ich mir ein Kanelbulle geholt habe. Weil ich mir aber nicht mehr sicher bin, wie man Kanelbulle auspricht, blicke ich auch auf meine Tüte und dann wieder auf sie und schaue, ob sie es nicht vielleicht doch kann. Sie schaut wieder mich an, bekommt einen fragenden Gesichtsausdruck und blickt wieder auf die Tüte. Ich schaue auch wieder auf die Tüte und muss feststellen, dass sie hellblau ist und man wirklich nicht erkennen kann, was sich darin befindet. Sie schaut wieder auf mich und ich sehe ein, dass dieser Kelch nicht an mir vorübergehen wird und sage hastig etwas, was wie Kanelbulle klingt. Anscheinend reicht ihr die geführte Konversation nicht und so fragt sie mich nachdem ich bezahlt habe, ob ich den Kassenzettel haben will. Ich wollte doch nur was zum Essen und zum Trinken haben. Und ehe ich mich versehe habe ich mit "no" geantwortet, anstatt mit "nej". Mit Kanelbulle, Cola, Wasser und 30 kg Gepäck schleppe ich mich wieder vorsichtig aus dem Kiosk heraus. Mein Platz auf der Bank ist mittlerweile besetzt. Somit suche ich mir einen anderen im gegenüberliegenden Bereich der Halle.

Uppsala

Nachdem ich den Kanelbulle verdrückt habe und mich wie jedesmal gefragt habe, warum die Schweden die Dinger so trocken machen und dann auch noch so darauf abfahren, beschließe ich etwas für mein Schwedisch zu tun. Ich versteh kaum etwas, was die Leute um mich herum sprechen und es ist mir auch zu anstrengend. Also mache ich meinen MP3-Player an und höre die erste CD1 von Uttala Svenska. Ich höre also, wie mir schwedische Wörter und kleine Sätze vorgesprochen werden. Leider kann ich sie hier nicht nachsprechen, da ich mich ja sonst outen würde. Ausserdem denke ich bei jedem aufgeschnappten Hintergrundschwedisch, dass ich in einigen Ligen zu weit unten agiere. Dies gilt auch für meinen Linken Stiefel. Dieser hat nämlich ein nicht zu kleines Loch, wie ich zufällig bemerke, während ich auf der Bank sitzend auf den Zug warte. Da muss ich wohl demnächst neue Stiefel kaufen. Um 22:45 Uhr begebe ich mich auf den Bahnsteig Nummer 5. In der folgenden Viertelstunde füllt sich der Bahnsteig etwas. Hauptsächlich junge Menschen, die anscheinend, so wie ich, irgendwo hin müssen. Der Zug hat fünf Minuten Verspätung. Ich finde sehr zielstrebig meinen Wagon, muss jedoch warten, bis irgendwelche jungen Kiddies, die sich stark nach Klassenfahrt anhören, genug Luft geschnappt haben und aus dem Weg gegangen sind. Ich schleppe mich in den Zug, stelle dort, wo ich gerade stehe, meine Sporttasche ab und bin erstmal froh den reservierten Zug erwischt zu haben.

Mein kaputter linker Stiefel